Archiv: Ausstellungen Morio Nishimura
Süßer Regen - Hannover 2020

Morio Nishimura: Süßer Regen
OUT-LOOK - 25. Januar – 13. Juni 2020
Kabinettausstellung in der Galerie Drees

Die im Projektraum der Galerie Drees ausgestellten Arbeiten von Morio Nishimura stehen für das Sammlungskonzept und sind zugleich – wie wahrscheinlich jede künstlerische Arbeit – etwas Besonderes.
Die Sammlung der Dr. Christiane Hackerodt Kunst und Kulturstiftung hat – ungewöhnlich - als Auswahlmoment der erworbenen zeitgenössischen Arbeiten Meditation und Kontemplation gewählt. Das führt nicht zum Ankauf von religiöser Kunst. Es kommen vielmehr Positionen von Künstlerinnen und Künstlern in den Blick, die sich der Aufgabe stellen, die Wirklichkeit künstlerisch zu hinterfragen, zu durchdringen und den Betrachter einladen, Bekanntes hinter sich zu lassen und neu zu erleben und zu definieren, worauf es ankommt. Im Sehen der Kunst wird der Betrachter, die Betrachterin auf sich zurückgeworfen und gefordert durch Leere, Farbe und Form statt durch mimetische Darstellungen Neues, Eigenes, Weiterführendes zu entdecken: ein neuer Blick, eine neue Freiheit, neues Erkennen. Die Sammlung hat vor allem in Arbeiten der Zero- und Gutai-Künstler eine inhaltliche Entsprechung gefunden.

Die Arbeiten von Morio Nishimura
In diesem Spannungsfeld stehen auch die Arbeiten von Morio Nishimura. Dabei sind sie von allen Arbeiten der Sammlung noch die narrativsten. Der Betrachter, die Betrachterin erkennt die Elemente der Lotusblume, ihre Fruchtstände, Blütenblätter, Blüten. In Kalpa-8 hat Nishimura Lotusblätter und handgeschöpftes Papier verbunden. Die Lotusblüten bindet der Künstler so ein in eine neue Form – formal als 180 cm x 64,5 cm große Collage aber auch ideel, in dem er sie vor dem Vergehen bewahrt.  Kalpa ist in der buddhistischen Religion die Bezeichnung für ein Weltzeitalter von der Entstehung bis zum Ende in einem Kreislauf. So verweist diese konkrete Lotusblüte auf eine umfassende Dimension von Zeit und Sein.

Die drei plastischen Arbeiten tragen jeweils den Titel Süßer Regen mit anderer Nummerierung. Auch hier sind Blätter und der Fruchtstand des Lotus‘ Ausgangspunkt des Künstlers. Weniger offensichtlich das Material: mal Bronze (Süßer Regen - B 19), mal Massivholz (Süßer Regen – Wandskulptur 29) und mal übereinandergeklebte Spanplatten (Süßer Regen Nr. 12), die Nishimura dann als Materialblock bearbeitet.

In den floralen Formen des Lotus‘, umgesetzt in unterschiedlichen Materialien, verfolgt er seine künstlerische Fragestellung, wie Mensch und Natur aufeinander bezogen sind und sich diese Beziehung befreit und respektvoll entwickeln kann. So wird der Lotus, das Lotus-Motiv zum Ausdruck der Suche nach dem Gegenentwurf einer vom Menschen dominierten und zerstörenden Naturbeziehung. Mit dem Lotus verweist Morio Nishimura zugleich auf „eine Vorstellung vom Universum, von metaphysischer Existenz und von Seelenwanderung“. Und damit sind wir im Zentrum des Sammlungsaufbau unter der Frage wie Gegenwartskünstlerinnen und -künstler sich dem Prozess, der Bewegung, der Herausforderung von Kontemplation und Mediation in ihrer Kunst stellen. Und das gerade mit Arbeiten, die sich ausdrücklich nicht als sakrale Kunst verstehen. Sie auf eine über sie hinausführende Dimension hin zu betrachten, öffnet die Augen.