Archiv: Ausstellungen
Farbe und Form
Museo Comunale d'Arte Moderna Ascona - 2019
KONTEMPLATION UND MEDITATION IN DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST - MUSEO COMUNALE D'ARTE MODERNA ASCONA - 23. JUNI BIS 13. OKTOBER 2019
Die Ausstellung Farbe, Form, Leere – Kontemplation und Meditation in der zeitgenössischen Kunst, die aus der erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Dr. Christiane Hackerodt Kunst- und Kulturstiftung Hannover hervorgeht, setzt den Ausstellungszyklus des MUSEO COMUNALE D'ARTE MODERNA zur europäischen Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg fort, die erhebliche Auswirkungen auf die zeitgenössische Kunstszene hatte.
Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre entstehen im Gegenzug zum abstrakten Expressionismus, zur informellen Kunst und zum sozialistischen Realismus verschiedene Gruppen engagierter Künstler, welche die Errungenschaften der ersten historischen Avantgarden (Bauhaus, Dada, Futurismus, Konstruktivismus, …) radikalisieren. Diese Gruppen tragen wesentlich zur Neudefinition der Rolle von Kunst und Künstler bei, indem sie eine neue und eigenständige künstlerische Sprache entwickeln. Diese Sprache ist nicht als subjektiver, sondern als „kühlerer“ internationaler Ausdruck zu verstehen und basiert auf aktuellen, streng wissenschaftlich und technologischen Entdeckungen. Das Ergebnis ist die Gestaltung von Bildobjekten, die auch die Rolle des Betrachters revolutionieren: Vom passiven Zuschauer oder Empfänger einer der Kultur der Zeit zugrundeliegenden Botschaft wird er zum wesentlich aktiven und kreativen Mitwirkenden, der in unterschiedlichem Maße die Wirkung des Werkes in Gang setzen kann, indem er das Werk mechanisch oder virtuell durch die Verschiebung des Blickwinkels in Bewegung bringt. Plötzlich befindet sich der Betrachter im Zentrum der ästhetischen Erfahrung und die Kunstwerke werden zu Dispositiven, die imstande sind, eine sinnliche und kognitive Antwort auszulösen, die das Bewusstsein der Betrachter schärft und ihnen ermöglicht, über visuelle Mechanismen zu reflektieren und neue Perspektiven zu gewinnen. Der Betrachter wird dazu eingeladen, loszulassen, die eigene Vorstellungskraft zu aktivieren und das Bild des Werkes auf eigene Art und Weise „aufzubauen“. Der Künstler übernimmt so die pädagogische Rolle des Impulsgebers, der psychophysische Erfahrungen weckt, die die innewohnende räumlich-zeitliche Dynamik des menschlichen Daseins bezeugen und die den Betrachter dazu auffordern, sich ohne Vorurteile einem „schwebenden Feld“ zu öffnen. Ein Ansatz, der eher meditativ und nachdenklich als reaktiv ist, indem er dem Menschen eine neue unbezwingbare Dimension eines kosmischen, universellen Zukunftspotentials eröffnet. Wir werden schliesslich aufgefordert, uns hin zu neuen Horizonten zu bewegen, um jene Dimension der Freiheit zu finden, die unserer Existenz wirklich einen Sinn geben kann. Dieses in der Hoffnung, dass sich unsere Welt stets in ihre beste Version verwandelt und zu einem Ort des Friedens und der Harmonie wird.
Der Kern der ausgestellten Werke stammt aus der Kunstsammlung der Dr. Christiane Hackerodt Kunst- und Kulturstiftung, die um das Themenpaar Kontemplation und Meditation herum aufgebaut, dessen Bedeutung für den Erwerb jedes einzelnen Werkes ursächlich war. Während der Sammlungsschwerpunkt aus Werken der Künstler der deutschen Düsseldorfer Gruppe Zero besteht bzw. Künstler aus deren Umkreis – wie Heinz Mack, Otto Piene, Bernard Aubertin, Hermann Bartels und Raimund Girke –, wird ein weiterer wichtiger Teil der Sammlung aus Werken fernöstlicher Künstler wie Morio Nishimura, Kazuo Shiraga, Kwang Young Chun und Yuko Nasaka abgebildet. Der Blick richtet sich daher auf zwei Welten und ermöglicht eine Einordnung der Werke in historischer Perspektive. Aber vor allem – und hier liegt die Originalität der Ausstellung – möchte sie eine valide und konkrete Alternative zu unserem von Hektik geprägten zeitgenössischen Lebensstil anbieten; ein Lebensstil der durch unsere globalisierte und digitalisierte Gesellschaft beeinflusst wird, in der das Internet, obwohl es eine der grössten Erfindungen aller Zeiten ist, mit all seinen unbestreitbaren Vorteilen, jedoch auch die Ursache für ein immer anonymeres, individuelleres und unemotionaleres Leben ist. Die Ausstellung möchte diesem Unbehagen unserer Zeit begegnen, indem sie die Besucher dazu einlädt, in Dialog mit den ausgestellten Werken zu treten, ihre Formen und Farben in sich aufzunehmen, in eine Atmosphäre der Ruhe einzutauchen und sich in eine andere Dimension tragen zu lassen.